Samstag, 24. September 2011

ENGEL FÜR EINEN STERBENDEN HUND (Erlebnis)

Am 01.Januar fuhr ich Abends nach Krefeld, um dort Verwandte zu besuchen. Auf der B 288, kurz vor der Auffahrt auf die Uerdinger Brücke, stand rechts und links der Fahrbahn jeweils ein Fahrzeug mit eingeschaltetem Warnblinklicht. Leute waren zu sehen und von dem rechten Fahrzeug machte eine Frau Anstalten die Fahrbahn, in Richtung des Fahrzeugs auf der Linken Seite, zu überqueren, so hatte ich den Eindruck. Ich dachte noch, na, du wirst doch wohl mein Fahrzeug wahrgenommen haben , verringerte die Geschwindigkeit und hielt mich bremsbereit. Doch sie wartete ab, bis ich vorbei war. Dann sah ich in der Mitte der Fahrbahn ein großes Tier liegen, regungslos. Ich dachte an ein Reh, auch wegen der Nähe des Waldes. Ich fuhr rechts ran und schaltete ebenfalls Warnblink an. Ich stieg aus und dann erkannte ich, daß es sich bei dem Tier um einen großen Hund handelte, während ich fragte, ob ich irgendwie helfen könne. Die Frau vom Fahrzeug auf der rechten Seite kam auf mich zu und wirkte ziemlich mitgenommen. Es stellte sich heraus, daß der Hund, der ein breites Halsband trug, völlig allein auf die Fahrbahn gelaufen und von dem Auto, das am linken Fahrbahnrand stand, erfaßt wurde. Die Fahrerin, eine sehr junge Frau, war auch ausgestiegen. Die Frau vom rechten Fahrzeug meinte, sichtlich mit den Tränen ringend, daß man das arme Tier doch nicht so da liegen lassen könne und verzweifelte daran, daß die meisten Fahrzeuge ungebremst vorbeifuhren. Schon hatte sie den Hund gepackt und schleppte ihn an den rechten Fahrbahnrand, wo sie ihn ablegte. Ich holte aus meinem Wagen eine Rettungsfolie, die ich im Handschuhfach hatte, denn man konnte das Tier schließlich nicht auf dem frostigen Boden liegen lassen. Wir breiteten sie aus, legten das Tier darauf und packten es darin ein.Ich selber konnte optisch keine Lebenszeichen wahrnehmen, jedoch auch keine Verletzungsspuren. Es war allerdings ja auch schon sehr dunkel. Dann sah ich einen kleinen Blutfleck. Eine andere junge Frau, mit einer Nasencreole und einer bunten Strickwollmütze, kniete neben dem Hund, hielt eine Hand auf seinen Kopf und immer wieder ihr Ohr an seine Brust. Sie meinte, daß da noch Lebenszeichen wären, aber man müße ihn gehen lassen, er wolle gehen. Ich rief die Polizei an, nachdem mir ein Mann meine Frage verneinte, ob schon jemand dies getan hätte. Doch schließlich sah ich die junge Frau, vor deren Wagen der Hund gelaufen war, ebenfalls mit dem Handy telefonieren. Sie sagte mir dann, sie habe auch schon die Polizei angerufen und es würde jemand kommen. Die Frau vom Wagen auf der rechten Fahrbahnseite meinte, der Hund sei auf die Fahrbahn zugelaufen und sie hatte keine Möglichkeit gehabt ihn zurückzuhalten, dann habe sie es auch schon knallen hören. Sie sei selber mit ihrem Hund spazierengegangen und gerade auf dem Weg zu ihrem Fahrzeug gewesen. Schließlich traf ein Streifenwagen ein und die Polizisten meinten erst, die junge Frau, die beim Hund kniete, sei das Frauchen. Mehrmals sprach ein Polizist sie an, bis sie schließlich ihren Blick von dem Tier löste, ihren Kopf hob und dies verneinte, worauf sie sich sofort wieder dem Tier widmete. Die Polizei wollte das Tierheim anrufen. Dann fuhr vor meinem Wagen ein Fahrzeug rechts ran. Ein Mann stieg aus und kam telefonierend auf uns zu, "ja, das ist der Robby", hörte ich ihn sagen und "kannst du das Blaulicht sehen?". Es war der Hundehalter. Die Frau vom Wagen am rechten Fahrbahnrand verabschiedete sich einige Minuten später, immer noch sichtlich mitgenommen und auch ich verlies dann diesen Ort und fuhr weiter. Da ich selber ein großer Tier- und speziell Hundefreund bin, ließ auch mich dieses Erlebnis nicht unbeeindruckt. Woran ich oft denken muß, ist die junge Frau, die trotz der Eiseskälte und mit immer stärker tropfender Nase, bei dem Hund auf dem blanken, frostigen Boden kniete, nicht von seiner Seite wich und ihm mit ihrer Hand, tief über ihn gebeugt, etwas Wärme, besonders aber mitfühlende Nähe spendete. Ich weiß nicht, was aus dem Tier geworden ist, ich zweifle aber, daß es überlebt hat. Doch das Verhalten dieser jungen Frau, es ist wie eine kleine Flamme der Menschlichkeit im Eissturm. Ich bin mir sicher, daß diese Frau eine Erkältung davon getragen hat. Ihr Verhalten hat mich am Herzen und an der Seele berührt. 04.01.2009

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